Seit dem 16.12.2020 gilt in NRW eine neue Corona-Schutzverordnung. In den Medien und durch die Landesregierung wird ständig der Eindruck vermittelt, also ob die Menschen in NRW sich zu Hause mit den Mitgliedern ihres Hausstandes aufhalten dürften oder mit den Angehörigen eines weiteren Hausstandes, maximal aber mit 5 Personen. Dies führt bei vielen Menschen zu der Ansicht, dass sich insgesamt im Hause nur 5 Personen aus insgesamt 2 Haushalten aufhalten dürften. Diese Annahme ergibt sich aber unseres Erachtens nicht aus der neuen Corona-Schutzverordnung.
1.
In § 1 (allgemeine Grundsätze) ist geregelt, dass jede in die Grundregeln des Infektionsschutzes einsichtsfähige Person verpflichtet ist, sich so zu verhalten, dass sie sich und andere keinen vermeidbaren Infektionsgefahren aussetzt.
Diese Norm ist aber zur allgemein gehalten und kann daher nicht bußgeldbewehrt sein. Dementsprechend befindet sich in der Corona-Schutzverordnung auch kein entsprechender Bußgeldtatbestand, wenn man dagegen verstoßen würde. Unabhängig gilt natürlich, dass man sich aus Solidaritätsgründen so entsprechend verhalten sollte.
2.
Einschlägig ist vielmehr § 2 der Corona-Schutzverordnung.
In § 2 Nr. 1 a ist geregelt, dass ein Zusammentreffen von Personen im „öffentlichen Raum“ nur unter den dort geregelten Voraussetzungen zulässig ist, insbesondere wenn der Mindestabstand eingehalten werden kann.
In § 2 Nr. 1 b heißt es, dass im öffentlichen Raum zu allen anderen Personen grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 m (Mindestabstand) einzuhalten ist. Abgestellt wird also in beiden Normen auf den „öffentlichen Raum“. Dies betrifft also nicht den privaten Bereich.
In § 2 Abs. 2 heißt es dann, dass der Mindestabstand unterschritten werden darf innerhalb des eigenen Hausstandes ohne Personenbegrenzung oder beim Zusammentreffen des eigenen Hausstandes mit den Angehörigen eines weiteren Hausstandes mit höchstens insgesamt 5 Personen, wobei Kinder bis zu einem Alter von einschließlich 14 Jahren bei der Berechnung der Personenzahl nicht mitgezählt werden. Da in Abs. 2 auf den „Mindestabstand“ abgestellt wird, dieser aber nur eingehalten werden muss im öffentlichen Raum, dürfte diese Vorschrift also auch nur im öffentlichen Raum gelten und nicht im privaten Bereich, so dass grundsätzlich keine Beschränkung in der neuen Corona-Schutzverordnung erfolgt im Hinblick auf die Anzahl der Personen, die sich in einem Privathaushalt aufhalten, auch wenn diese aus verschiedenen Hausständen kommen.
Eine bußgeldbewehrte Norm muss so klar und eindeutig sein, dass der Bürger erkennen kann, wann er dagegen verstößt. Dies ist bei der vorliegenden Formulierung in der Corona-Schutzverordnung nach unserer Auffassung nicht gelungen.
Sollte man der Ansicht sein, dass die Einhaltung des Mindestabstandes auch im privaten Bereich gilt, so darf man in seinen Privaträumen beliebig viele Besucher empfangen, wenn der Mindestabstand eingehalten werden kann. Eindeutig ist daher, dass sich aus § 2 der neuen Corona-Schutzverordnung kein Verbot ergibt, sich mit mehreren Personen aus verschiedenen Haushalten in den Privaträumen zu treffen, wenn in diesen Räumen ein Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden kann. Lädt also eine Person z.B. weitere 7 Personen zu sich nach Hause ein, so ist dies zulässig, zumindest, wenn gewährleistet ist, dass zwischen den Personen ein Abstand von 1,5 m eingehalten werden kann. Natürlich sollte dann auch evtl. eine Maske getragen werden, was aber nicht verpflichtend ist.
Die Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 b erweitert die Möglichkeiten des Zusammentreffens des eigenen Hausstandes mit höchstens 4 weiteren Personen aus dem engsten Familienkreis, wobei diese 4 Personen nicht aus einem weiteren Haushalt kommen müssen. Die Großeltern können also 4 Personen aus 4 verschiedenen Haushalten Weihnachten zu Hause empfangen, wenn diese Personen aus dem engsten Familienkreis stammen. Allerdings dürften nach dem Wortlaut der Norm die Großeltern nicht 4 weitere Freunde aus verschiedenen Haushalten empfangen. Dies gilt aber nur dann, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Verfügt also z.B. ein Großelternpaar über ein großes Wohnzimmer oder sonstige ausreichend große Räumlichkeiten, so können sich dort beliebig viele Personen aus verschiedenen Haushalten aufhalten, wenn der Mindestabstand eingehalten werden kann.
Daraus ist zu entnehmen, dass die Landesregierung und die Medien die Bürger und Bürgerinnen unzutreffend informieren, da sich die öffentlich geäußerten Verbote aus der neuen Corona-Schutzverordnung nicht ergeben.
Nach hiesiger Ansicht gilt auch grundsätzlich ein Mindestabstand nicht in den eigenen Räumlichkeiten aus den oben genannten Gründen, da nämlich in § Abs. 2 abgestellt wird auf „den Mindestabstand“, der aber nur gilt im öffentlichen Raum.
Aus welchen Gründen eine solche Fehlinformation der Bürger und Bürgerinnen in NRW erfolgt, kann nur vermutet werden. Möglicherweise erfolgt dies, da ggfls. Bedenken bestehen, solche Verbotsregelungen in die Corona-Schutzverordnung in NRW aufzunehmen, ohne die Bedenken öffentlich zu äußern. Z.B. in Bayern oder Baden-Württemberg ist dies anders geregelt. Dort greift der Verordnungsgeber auch in den privaten Bereich ein.
Festzuhalten bleibt also, dass in jedem Falle dann, wenn der Mindestabstand eingehalten werden kann, keine Begrenzung der Besucher zu Weihnachten durch die Corona-Schutzverordnung angeordnet ist. Wenn also z.B. 8 Personen aus verschiedenen Haushalten die Großeltern, die einen eigenen Hausstand darstellen, besuchen, und die Großeltern nebeneinander am Esstisch sitzen, so bestehen keine Bedenken, wenn die anderen Personen jeweils mit einem Abstand von 1,5 m sich ebenfalls in den Räumlichkeiten aufhalten.
Ob diese Möglichkeit genutzt wird, bleibt natürlich jedem selbst überlassen unter Berücksichtigung des augenblicklichen Infektionsgeschehens und der Risiken für sich selbst und andere. Dies ist aber eine Frage der Ethik und der Solidarität und keine Rechtsfrage.
Zu beachten ist ebenfalls, ob die Kommunen in ihren Bereichen Allgemeinverfügungen erlassen haben, die andere Regelungen vorschreiben.
3.
Ferner ist in § 2 Abs. 1 geregelt, dass „Partys“ und vergleichbare Feiern generell untersagt sind.
Hier zeigt sich wieder, dass der Verordnungsgeber sich nicht die Mühe gemacht hat, klare Regelungen zu schaffen, die für die Menschen nachvollziehbar sind. Es hätte zumindest eine so genannte „Legal-Definition“ einer „Party“ erfolgen müssen.
Fraglich ist z.B., ob damit auch ein Kindergeburtstag (Geburtstagsparty) gemeint ist, wenn 2 Kinder aus einem Hausstand mit 2 Kindern aus einem anderen Hausstand zusammen kommen. Da § 2 Abs. 1 eine eigenständige Regelung darstellt, gilt diesbezüglich hier nicht § 2 Abs. 1 a, b, oder Abs. 2. Die 4 Kinder dürften also grundsätzlich zusammenkommen, aber keine Party feiern. Der Gesetzgeber hat unter dem Begriff „Party“ wohl etwas anderes gemeint. Er muss dies dann aber klarstellen. Man weiß nicht, ab welcher Personenanzahl eine Party beginnt und welche weiteren Voraussetzungen vorliegen müssen, um von einer Party zu sprechen. Wenn sich z.B. 6 Personen aus 2 verschiedenen Haushalten im privaten Raum zu einem Essen verabreden und dann später Musik gespielt wird und dann die Personen anfangen zu tanzen, könnte sich dann eine Party entwickeln, die untersagt ist, obwohl das Treffen vorher erlaubt war.
Es wird deutlich, dass der Gesetzgeber bei der Erstellung der Gesetze große Schwierigkeiten hatte. Möglicherweise hätten man bereits im Sommer diese Zeit noch besser nutzen können.
4.
Selbstverständlich sollte sich jede Person verantwortungsbewusst verhalten, um nicht andere oder sich selbst zu gefährden. Keine Verordnung kann das Vertrauen in die Eigenverantwortlichkeit der Menschen ersetzen.