Pflichten der Unternehmer in der Krise!

Derzeit besteht in der gesamten Bevölkerung eine große Verunsicherung, nahezu täglich ändern sich Vorgaben und neue Vorschläge zur Krisenbewältigung werden veröffentlicht. Durch die Bundesregierung wurden in großem Umfang wirtschaftliche Hilfen angekündigt, Voraussetzungen zur möglichst reibungslosen und unbürokratischen Inanspruchnahme angepasst. Am 23.03.2020 wurde durch das Bundeskabinett ein Gesetzesentwurf beschlossen, der aller Voraussicht nach noch innerhalb dieser Tage verabschiedet und verkündet werden soll.

Es bleibt die Frage, ob mit Hilfe dieser Maßnahmen und Mittel auch die in nahezu allen Wirtschaftsbereichen eingetretenen Umsatzeinbußen kompensiert werden können. Insbesondere kapitalschwache Unternehmen, Start-Ups und Unternehmen, die bereits vor der Pandemie zu kämpfen hatten, werden oftmals keine Fortführungsmöglichkeit sehen. Doch welche Mittel und Regelungen wurden getroffen, mit Ausnahme der wirtschaftlichen Hilfen in Form von Darlehen, Bürgschaften u.a.

Geregelt wurde eine vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie eine Begrenzung der Organhaftung von Gesellschaften, welche – bedingt durch die COVID-19-Pandemie – in Insolvenz geraten.

Das Gesetz ist rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft getreten und gilt bis zum 01.04.2021!

Gesetzlich geregelt ist die sog. „Insolvenzantragspflicht“ für den Geschäftsführer einer GmbH, UG, GmbH & Co.KG u.a. – dieser ist verpflichtet einen Insolvenzantrag zu stellen, sofern Zahlungsunfähigkeit oder aber Überschuldung gegeben sind. Erschwerend ist hierbei, dass dieser Antrag grds. innerhalb einer Frist von 3 Wochen zu stellen ist! Bereits im normalen Geschäftsverkehr ist diese Verpflichtung oftmals nur sehr schwer zu erfüllen – in der aktuellen Situation jedoch nahezu unmöglich!

Diese Insolvenzantragspflicht für durch die Corona Epidemie geschädigte Unternehmen wird nun bis zum 30.09.2020 ausgesetzt! Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass diese Übergangsregelung verlängert wird. Damit soll sichergestellt werden, dass Unternehmen nicht allein deshalb in die Insolvenz geraten, weil sie z.B. beantragte Hilfsmaßnahmen zu spät beantragt oder aber bekommen haben.

Voraussetzung für die Aussetzung der Antragspflicht ist zunächst, dass der Insolvenzgrund (Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung des Unternehmens) auf der aktuellen Pandemie beruht – mit anderen Worten: für Unternehmen, bei denen die Voraussetzungen der Antragpflicht bereits vor der Pandemie vorlagen, gilt diese Verlängerung nicht. Damit soll gewährleistet werden, dass wirklich nur die Unternehmen in den Schutzbereich dieser Regelung fallen, die tatsächlich infolge der aktuellen Krise in die wirtschaftliche Zwangslage geraten sind. In einigen Fällen (Einzelhandel, Gastronomie) dürfte dies auf der Hand liegen, in der Mehrzahl der Fälle jedoch eine Beantwortung nicht ohne weiteres möglich sein. Worauf eine Unternehmenskrise tatsächlich zurückgeht, ist in der Praxis oft nicht ohne weiteres feststellbar. Hierfür hat der Gesetzentwurf jedoch eine Lösung parat:

„War das Unternehmen am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, so wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen“.

Der Stichtag mit dem 31.12. ist relativ früh gewählt, zumal wirtschaftliche Auswirkungen der Pandemie erst ab Februar 2020 in Deutschland aufgetreten sind. Es handelt sich vorliegend um eine gesetzliche „Vermutung“, welche naturgemäß widerlegt werden kann.

Ist diese Hürde überwunden, muss für das Unternehmen weiter eine Aussicht auf Sanierung bestehen (Sanierungsfähigkeit). Kurz gesagt: von der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht soll nicht profitieren, wer „keine Aussichten“ auf darauf hat, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Der Nachweis wäre grds. zu erbringen in Form einer Planrechnung für die kommenden Monate. Eine solche Planung ist jedoch in Anbetracht der derzeit allgegenwärtigen Verunsicherung seriös kaum möglich. Tatsächlich bietet die Regelung daher ausreichend Spielraum und es dürften keine großen Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen anzustellen sein. „Keine Aussichten“ liegen wohl nur dann vor, wenn die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit praktisch ausgeschlossen ist.

Auch für Insolvenzanträge, die durch Gläubiger gestellt werden, sieht die gesetzliche Regelung Vorgaben vor:

Wird in den drei Monaten ab Verkündung des Gesetzes ein solcher Antrag gestellt, so kann ein Insolvenzverfahren daraufhin nur eröffnet werden, wenn der Eröffnungsgrund bereits am 01.03.2020 vorlag. Hierdurch wird die Möglichkeit einer Sanierung durch Hilfs- und Stabilisierungsmaßnahmen eröffnet.

Bei allen Widrigkeiten und aktuellen Unsicherheiten sollte eins nicht vergessen werden: ein Insolvenzantrag ist nicht immer zwingend eine schlechte Wahl. Wem nützen Gesellschaften, die längst zahlungsunfähig sind und an jedem Monatsende die Gefahr der Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge vor Augen haben, deren Organe immer am Rande des Eingehungsbetruges stehen und deren Arbeitnehmer immer wieder um Ihre Lohnzahlungen bangen müssen – für all jene kann es manchmal wirtschaftlich sachgerechter erscheinen, unter der ordnenden Hand erfahrener Krisenmanager zu arbeiten – nicht zuletzt auch im sicheren Hafen des Insolvenzgeldzeitraums von drei Monaten.

Gerade in Zeiten der Pandemie ist es erforderlich, einen kühlen Kopf zu bewahren, um Fakten schonungslos zu analysieren, Chancen und Risiken angemessen gegeneinander abzuwägen.

 

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